Arbeitslosengeld und Kündigung: Alles zu Sperr- und Ruhenszeiten

 

Was sind Sperr- und Ruhenszeiten, wann drohen sie und wie können sie umgangen werden?

 

Bei einer Eigenkündigung und einer Aufhebungsvereinbarung droht eine Sperre des Arbeitslosengeldes bei der Agentur für Arbeit. Erfahren Sie in diesem Blogbeitrag, was eine Sperrzeit ist, wie sie evtl. umgangen werden kann und was es mit der Ruhenszeit auf sich hat.

 

Das Sozialversicherungsrecht hat viele Fallstricke parat. Ein besonders kritisches Thema betrifft die Sperr- und Ruhenszeiten in Zusammenhang mit dem Arbeitslosengeld I (ALG I). Oftmals werden diese Aspekte wenig beachtet und treten erst in das Bewusstsein der Betroffenen, wenn es bereits zu spät ist.

 

Wann droht eine Sperrzeit?

Nach § 159 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III droht eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe, wenn der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein vertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und er hierdurch seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig herbeigeführt hat, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund vorlag.

 

Dauer der Sperrzeit

Die Dauer der Sperrzeit beträgt regelmäßig zwölf Wochen (§ 159 Abs. 3 S. 1 SGB III). Während einer Sperrzeit ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Nach § 159 Abs. 2 S. 2 SGB III erhält der/die Arbeitslose keine Leistungen. Daneben mindert sich die Anspruchsdauer für den Anspruch auf Arbeitslosengeld um die Tage der Sperrzeit.

Die Agentur für Arbeit kann bei älteren Arbeitnehmern, die einen längeren Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, die Dauer des Anspruchs um ein Viertel der Gesamtdauer kürzen (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). Bei einer Höchstdauer von 24 Monaten kann die Agentur daher den Anspruch auf ALG 1 um 6 Monate reduzieren.

 

Wie kann eine Sperrzeit verhindert werden?

Eine Sperrzeit wird nicht verhängt, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt. Ein wichtiger Grund ist nicht im Gesetz geregelt. Ein Anhaltspunkt ist die Rechtsprechung des BSG sowie die Verwaltungspraxis der Arbeitsagenturen. Hierfür ist eine fachliche Weisung für den Bezug von Arbeitslosengeld § 159 SGB III von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht („159.1.2.1.1 Wichtiger Grund bei Eigenlösung des Beschäftigungsverhältnisses und gleichzeitig drohender Arbeitgeberkündigung“):

  • AG hat fristgemäße Kündigung „mit Bestimmtheit“ in Aussicht gestellt (ggf. Prüfung durch Arbeitsagentur)
  • Angedrohte fristgemäße Kündigung wird auf betriebliche oder personenbezogene Gründe gestützt (nicht: verhaltensbedingte Kündigung)
  • Aufhebungsvertrag beendet Arbeitsverhältnis zu demselben Zeitpunkt wie in Aussicht gestellte Arbeitgeberkündigung
  • Angedrohte Kündigung würde die Kündigungsfrist einhalten
  • Arbeitnehmer ist nicht ordentlich unkündbar (tariflicher Kündigungsschutz)
  • Zudem: angedrohte Kündigung ist rechtmäßig und Arbeitnehmer vermeidet durch Aufhebungsvertrag Nachteile (z. B. Abfindung) oder Arbeitgeber zahlt Abfindung von bis zu 0,5 Monatsgehältern je Beschäftigungsjahr (dann kommt es nicht auf Rechtmäßigkeit der angedrohten Kündigung an!)

 

Was ist der Unterschied zwischen einer Sperrzeit und einer Ruhenszeit?

Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen der Sperrzeit und der Ruhenszeit. Beide führen zunächst dazu, dass das Arbeitslosengeld I für eine gewisse Zeit nicht ausgezahlt wird. Während die Sperrzeit eine Sanktionswirkung für den bzw. die Arbeitslose/n nach sich zieht, bedeutet die Ruhenszeit ein Pausieren der Auszahlung des ALG I.

Dies bedeutet, dass während der Ruhenszeit der Beginn der Arbeitslosengeldzahlung verzögert wird, aber die Anspruchsdauer unverändert bleibt und nur später beginnt. Wenn ein Anspruch auf ALG I von 52 Wochen besteht, werden letztendlich auch 52 Wochen ausgezahlt.

Bei einer Sperrzeit wird ebenfalls kein Arbeitslosengeld gezahlt und der Anspruch ruht, aber die Anspruchsdauer wird um die Dauer der Sperrzeit verkürzt, wie es in § 148 SGB III festgelegt ist. Wenn jemand einen Anspruch von 52 Wochen hat und eine Sperrzeit von 12 Wochen erhält, werden tatsächlich nur 40 Wochen lang Arbeitslosengeld ausgezahlt.

 

Dauer der Ruhenszeit

Die Dauer des Ruhens des Arbeitslosengeldes ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Zum einen hängt sie vom Kündigungszeitpunkt ab, welcher gemäß den maßgeblichen Kündigungsfristen bestimmt wird. Der Ruhenszeitraum beginnt einen Tag nach dem letzten Arbeitstag und endet spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kündigungsfristen geendet hätte. Der Ruhenszeitraum beträgt in allen Fällen höchstens ein Jahr.

Zusätzlich hängt die Dauer des Ruhens auch von der Höhe der Entlassungsentschädigung (i. d. R. Abfindung, Sachbezüge etc.) ab, welche jedoch nur teilweise berücksichtigt wird. Der Anteil der Entlassungsentschädigung, der bei der Berechnung der Ruhenszeit einbezogen wird, wird gemäß § 158 Abs. 2 SGB III berechnet und richtet sich nach dem Alter des Arbeitnehmers am Ende des Arbeitsverhältnisses sowie nach dessen Betriebs- oder Unternehmenszugehörigkeit. Dieser Anteil beträgt mindestens 25% und höchstens 60% des Bruttobetrags. Arbeitgeberleistungen zur Rentenversicherung des Arbeitnehmers sind zur Entlassungsentschädigung nicht hinzuzurechnen.

Wichtig: Zu beachten ist, dass bei einer Aufhebungsvereinbarung innerhalb einer tariflichen Arbeitsplatzsicherung von der Agentur für Arbeit eine Kündigungsfrist von 18 Monaten angenommen wird.

Die folgende Tabelle gibt Auskunft darüber, welcher Anteil der Entlassungsentschädigung berücksichtigt werden muss:

 

Quelle: Agentur für Arbeit, Fachliche Weisungen Arbeitslosengeld

 

 

Die Berechnung der Ruhenszeit stellt sich wie folgt dar: Es gilt den Anteil der anrechnungsfähigen Entlassungsentschädigung durch das kalendertägliche letzte Bruttoarbeitsentgelt (monatliches Brutto x 12 Monate / 360 Tage) zu teilen.

 

Praxis Beispiel:

Ein Arbeitnehmer scheidet im Alter von 43 Jahren nach 14-jähriger Betriebszugehörigkeit aus dem Unternehmen aus. Das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt betrug 4.200 Euro und der zu berücksichtigende Teil der Entlassungsentschädigung beträgt 29.866,67 Euro.

Ausgegangen von der obigen Tabelle sind somit 13.440 Euro (45 % von den 29.866,67 Euro) der anrechnungsfähige Anteil der Entlassungsentschädigung. Umgerechnet auf das kalendertägliche letzte Bruttoarbeitsentgelt i. H. v. 140 Euro (4.200 x 12 / 360) ergibt sich eine Ruhenszeit von 96 (13.440 Euro / 140 Euro) Tagen.

 

Praxis-Tipp

Wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin Fragen bezüglich der Sperrzeit und Ruhenszeit des Arbeitslosengelds hat, sollte er aufgrund der Schwierigkeit und Komplexität der Thematik an die Agentur für Arbeit verwiesen werden. Eine falsche Beratung seitens des Arbeitgebers kann zu Schadenersatzansprüchen führen.

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